Was ich noch zu sagen hätte

Vom Fotografieren und von Anderem

Georg Herwegh ( 1817 – 1875)

Das freie Wort

Sie sollen alle singen nach ihres Herzens Lust;
Doch mir soll für der klingen ein Lied nur aus der Brust:
Ein Lied, um dich zu preisen, du Nibelungenhort,
Du Brot und Stein der Weisen, Du freies Wort!

Habt ihr es nicht gelesen: Das Wort war vor dem Rhein?
Im Anfang ist’s gewesen Und soll drum ewig sein.
Und eh ihr einen Schläger erhebt zum Völkermord,
Sucht unsern Bannerträger, das freie Wort!

Ihr habet zugeschworen, so treu dem Vaterland,
Doch ihr seid all verloren, und haltet nimmer stand,
Solang in West und Osten, solang in Süd und Nord
Das beste Schwert muß rosten, das freie Wort!

Ach! es will finster werden, wohl finster überall,
Doch ist die Nacht auf Erden, ja für die Nachtigall.
Heraus denn aus der Wolke, die Sänger, euch umflort;
Erst predigt eurem Volke das freie Wort!

Laßt eure Adler fliegen, Ihr Fürsten, in die Welt
Und sie nicht müßig liegen auf eurem Wappenfeld!
O jagt einmal die Raben aus unsern Landen fort,
Und sprecht: Ihr sollt es haben, das freie Wort!

(1841)